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#10 - Das blühende Leben

Emma hielt sich immer für eine kerngesunde junge Frau. Im Alter von 19 Jahren steckt sie gerade mitten in der Ausbildung zur Krankenschwester. Weil sie gelegentlich Rückenschmerzen hat, geht sie zur Massage zur Physiotherapeutin. Diese fühlt eine Verkrümmung ihrer Wirbelsäule und rät ihr, mal zu einem Facharzt zu gehen.

NAME: Emma
OP-ALTER: 22 Jahre
DIAGNOSE: Skoliose 60° (starke, seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule)

Emma: Nach der Empfehlung der Physiotherapeutin bin ich zu einem Facharzt gegangen. Ich wurde geröntgt und man stellte fest, dass ich eine 60° Verkrümmung der Wirbelsäule habe (ab 45-50° operiert man). Normalerweise entdeckt man sowas deutlich früher, oft mit einem Schulterschiefstand oder Beckenschiefstand. Aber das war bei mir alles nicht der Fall. Es war ein reiner Zufallsbefund. Das war im Januar 2017. Ich war erstmal geschockt. Habe mir auch die Meinungen anderer Ärzte angehört. Aber sie alle rieten mir zur OP – vor allem, um Spätfolgen zu vermeiden.

Sylvia: Was wäre passiert, hätte man dich nicht operiert?

Emma: Die Verkrümmung wäre weiter fortgeschritten, was auf Dauer massive Herz-Kreislaufprobleme / Atemprobleme verursacht hätte, da der Brustkorb dadurch zusammengedrückt wird und die Organe nicht genug Platz haben. Und die Schmerzen wären auch schlimmer bzw. ausgedehnter geworden.

Sylvia: Du hast Dich aber nicht gleich operieren lassen, oder?!

Emma: Nein, ich war gerade mitten in der Ausbildung zur Krankenschwester. Es gibt nur eine bestimmte Anzahl, die man während der Ausbildung fehlen darf. Das hätte ich mit der OP nicht hinbekommen. Ich wollte die OP direkt nach der Ausbildung machen lassen. Und dann bekam ich ganz unerwartet einen Studienplatz im Bereich Molekulare Medizin.
Letztlich war meine OP erst am 13.April 2021 – also vor einem Jahr.

Sylvia: Wie lief die OP ab, wie kann man sich das vorstellen?

Emma: Ich war insgesamt 10 Tage im Krankenhaus. Am Tag vor der OP wurden verschiedenste Untersuchungen gemacht: Corona-Abstrich, Röntgen, Streckröntgen (da wird geschaut, wie elastisch die Wirbelsäule noch ist). Dann kam der Tag der OP. Weil ich schon älter war und die Knochen nicht mehr so elastisch waren, hat man sich die für OP vom Rücken aus entschieden – also mit großem Längsschnitt. In jüngeren Jahren wird man eher von der Seite her operiert – dann hat man auch eine deutlich kleinere Narbe.

Sylvia: Und wie sieht es jetzt in Dir drin aus?

Emma: In 3-4 Stunden wurden mir 2 lange Metallstäbe aus Titan (33 cm) eingesetzt. Diese wurden mit 32 Schrauben fixiert. Danach musste ich 3 Monate lang ein Korsett tragen, damit alles an Ort und Stelle bleibt und auch die Muskeln richtig zusammenwachsen. Die Nägel und Schrauben bleiben nun für den Rest meines Lebens drin. Würde man es wieder entfernen, würde sich die Wirbelsäule zurück verkrümmen.

Sylvia: Merkst Du etwas von den Nägeln und Schrauben?

Emma: Eigentlich kann man es nicht merken. Aber manchmal hab ich das Gefühl, als hätte ich ein Brett im Rücken. Aber das ist vor allem Kopfsache. Eigentlich kann ich mich mittlerweile wieder genauso gut bewegen wie vorher.

Sylvia: Wie geht es Dir emotional mit der Narbe?

Emma: Die Narbe ist schon sehr groß. Anfangs habe ich mir Gedanken wegen der Ästhetik gemacht, das muss ich ehrlich zugeben. Aber was für mich viel mehr zählt ist die Erleichterung für die Zukunft. Lieber eine große Narbe, als später ständig Schmerzen und Probleme zu haben.